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10

Nov

Von Weintrauben, über 50 Kleinkindern und ganz viel Reis

Nach ca. 15 Stunden Reise mit Zwischenstopp in Amsterdam sind Hanna und ich gemeinsam mit Sara, die für sechs Monate zusammen mit uns als Freiwillige in der Gemeinde arbeitet, in Quito gelandet. Schon der Blick aus dem Flugzeug auf die Berge rund um den Flughafen war beeindruckend. Nach Pass- und Visakontrolle, dem Abholen der Koffer, die zum Glück alle so unbeschadet wie wir angekommen sind und dem Gang durch den Zoll, bei dem Sara leider ihr Obst loswurde, öffneten sich für uns dann tatsächlich die Türen zu dem Land, in dem wir nun schon seit über zwei Monaten leben. Erwartet wurden wir hinter dieser Tür bereits von Padre Ruperto und zwei Jungs aus der Gemeinde, mit Ecuador- und Deutschlandflaggen um den Schultern und sofort folgte zum ersten Mal die in Ecuador typische Begrüßung mit Küsschen auf die Wange. Als schließlich alles im Kleinbus verstaut war, ging es allerdings noch nicht direkt nach Santo Domingo, sondern zunächst einmal zum Essen in eines der typischen Einkaufscentren in Ecuador, die einfach nur „el Shopping“ heißen. Nach weiteren vier Stunden Reise, diesmal allerdings mit dem Auto, kamen wir schließlich an unserem Ziel, der Gemeinde Espiritu Santo in der Stadt Santo Domingo de los Colorados, an.

Hier wohnen wir zusammen mit Padre Ruperto und seiner Mutter, die von allen nur „Abuelita“ (sowas wie Oma) genannt wird. Allerdings wohnen wir drei nicht mit den beiden im Pfarrhaus mit direkter Verbindung zur Kirche, sondern einmal quer über den Hof in einem Haus, in dem sich unten eine Zahnarztpraxis für Menschen, die sich keinen Zahnarztbesuch leisten können befindet und in dem oben unsere Zimmer sind. Außerdem waren für einige Wochen auch noch Gabi und Marcelo vom Alianzakreis, der für die Freundschaft zwischen einer Gemeinde in Essen und Espiritu Santo steht, zu Besuch, und haben hier mit uns gewohnt und immer mal wieder übernachten Freunde oder Verwandte im Pfarrhaus, sodass eigentlich immer jemand hier ist und es nicht langweilig wird. Generell ist es hier immer sehr lebendig, da immer irgendwer irgendwo auf dem Gelände zu finden ist. Ob im Pfarrsekretariat, in der Großküche für die Kindergärten, in der Kirche oder mit uns am Essenstisch. Ob jemand, der etwas mit dem Padre besprechen will, einer der Messdiener, ein Bandmitglied für einen Gottesdienst oder jemand der zum Zahnarzt möchte.

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Blick vom Dach des Pfarrhauses

In den ersten ca. zwei bis drei Wochen hatten wir dann erst mal Zeit uns hier in der Gemeinde und in Santo Domingo einzuleben und die ersten Leute kennenzulernen. Wir haben also noch nicht sofort angefangen in den Kindergärten zu arbeiten. Dafür hatten wir täglich Spanischunterricht bei einer deutschen Lehrerin, die jetzt aber mit ihrer Familie hier in Ecuador lebt und an der Universität hier arbeitet. Sie hat uns unteranderem auch einmal mit ihrem Mann und ihrem Sohn ein bisschen mehr von der Stadt gezeigt. Als wir angfangen haben in den Kindergärten zu arbeiten, hatten wir aber nur noch einmal in der Woche für zwei Stunden Unterricht, was uns aber natürlich trotzdem sehr dabei geholfen hat Grammatik und Vokabeln zu lernen. Jetzt bekommen wir noch einmal einen neuen Lehrer, der allerdings kein Deutsch spricht, damit wir noch mehr Spanisch sprechen.

Jede von uns dreien arbeitet in einem der zur Zeit zwölf Kindergärten der Gemeinde mit und unterstützt als Freiwillige die Arbeit der Erzieherinnen. Die Kinder sind im Alter von ein bis drei Jahren, also jünger als die meisten Kinder in deutschen Kindergärten und in meinem Kindergarten sind, wenn alle Kinder da sind, mehr als fünfzig Kinder, oft sind aber auch viele gleichzeitig krank. In meinem Kindergarten gibt es fünf Gruppen. Ich bin meist in der Gruppe mit den zweitältesten Kindern ab 2 ½ Jahren, häufig legen wir aber auch zwei oder drei Gruppen zum Spielen oder für eine Aktion zusammen und ich wechsle auch je nach Bedarf und Tagesanzahl die Gruppen, sodass ich mittlerweile so ziemlich alle Kinder kenne und auch voll dabei bin alle über 50 Namen zu lernen 😀

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Bei einer Vorführung für die Eltern waren die Kinder alle als Blumen verkleidet und haben gesungen und getanzt

Die Kinder werden ab kurz vor acht gebracht, aber die Erzieherinnen sind natürlich schon vorher da und bereiten alles vor. Ich komme meist zwischen halb und viertel vor acht an, da ich mit einem der Essenstransporte der Großküche mitfahre und wir immer irgendwann zwischen sieben und viertel vor acht an der Gemeinde losfahren. Und auch zurück bin ich am Anfang immer schon gegen halb zwei mit dem Essensauto gefahren, jetzt fahre ich aber schon seit einigen Wochen alleine mit dem Bus nach Hause, außer ich muss aus irgendeinem Grund früher zurückkommen. Busfahren funktioniert hier übrigens auch ganz anders als in Deutschland, davon werde ich aber später mal berichten.

Wenn die Eltern ihre Kinder morgens zum Kindergarten bringen, müssen sie sich erst einmal in eine Liste eintragen und unterschreiben, während wir die Kinder entgegennehmen und sie zum Essenssalon bringen.

Um 8:30 beginnt dann das Frühstück. Die Gruppe der Kleinsten bekommt Suppe und die anderen Kinder essen z.B. mal eine mir aus Deutschland unnbekannte Art Mais mit Ei, Brot mit Käse, Tortillas oder auch „Torta de Yuca“, wobei Yuca mir vor meiner Reise hierher ebenfalls nicht bekannt war, ich würde aber sagen, dass es so etwas ähnliches wie Kartoffel ist. Außerdem gibt es dann für alle noch etwas zu trinken wie z.B. Milch.

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Beim Frühstück im Essenssalon

 

Nach dem Frühstück und dem Toilettengang gibt es dann die erste der zwei Phasen für Spiele oder Aktionen, die meist in den einzelnen Salons stattfinden, bei gutem Wetter aber auch manchmal draußen. Und dann geht es gegen halb elf auch schon wieder mit allen Kindern in den Essenssaal und es gibt einen kleinen Frücktesnack wie z.B. Äpfel, Birnen, Orangen oder Weintrauben, die die Kinder besonders lieben, da man mit denen am besten spielen kann 😉

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Die Gruppe der 2-Jährigen beim Spielen

Danach geht es nochmal eine Zeit lang daran zu spielen, zu singen oder z.B. etwas über Tiere oder Früchte zu lernen und um zwölf gibt es dann schon wieder die nächste Mahlzeit: Zeit fürs Mittagessen! Hier gibt es eigentlich immer zuerst eine Suppe und dann einen zweiten Gang. Dieser besteht meist aus Reis, Salat und z.B. Huhn, Linsen oder Bohnen. Selten gibt es statt der täglichen Portion Reis auch mal Nudeln, worüber ich mich dann immer sehr freue, was meine Kolleginnen sehr belustigt.

Nach dem Mittagessen geht es dann noch einmal auf die Toilette und dann kommt die Wechselkleidung in Einsatz, was nach dem Essen bei den meisten Kindern auch wirklich nötig ist. Die Kinder in meiner Gruppe lernen gerade sich alleine umzuziehen und wir machen daraus dann immer einen kleinen Wettbewerb welches Kind zuerst fertig ist. Danach legen wir die Kinder schlafen und bleiben bis sie einschlafen noch daneben sitzen. Während die Kinder schlafen erledigen wir dann verschiedenste Dinge wie putzen, Besprechungen mit der Chefin oder machen auch einfach mal eine Pause und quatschen ein bisschen.

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Die Kinder beim Mittagsschlaf

Nach dem Aufstehen gibt es dann noch einmal einen kleinen Nachmittagssnack und etwas zu trinken und ab halb vier kommen dann die ersten Eltern um ihre Kinder wieder abzuholen. Bis dann das letzte Kind abgeholt wurde, wir den Rest aufgeräumt und gefegt haben und losgehen ist es dann meist schon nach vier. Nach Hause zur Parroquia fahre ich dann immer mit dem Bus und bin immer zwischen halb fünf und fünf da.

In meinen ersten Tagen im Kindergarten war es für mich noch etwas schwierig zu wissen was ich überhaupt machen kann, wie ich helfen soll und wie ich es überhaupt schaffen soll, dass die Kinder auf mich hören. Meistens hatte ich das Gefühl meinen Kolleginnen eher im Weg zu stehen und überflüssig zu sein, da alle so eingespielt wirken. Mittlerweile habe ich mich aber an den Tagesablauf gewöhnt, weiß wann ich wo und wie helfen kann und da ich ja jetzt schon viel mehr Spanisch verstehe als zu Beginn können meine Kolleginnen mir auch viel besser sagen wie ich helfen kann und ich kann viele Fragen stellen.

Und auch die Kinder haben sich schnell an mich gewöhnt und ich habe sie ebenfalls jetzt schon ins Herz geschlossen auch wenn sie manchmal wirklich furchtbar anstrengend sind und sich auf dem großen Hof vor der Kirche an der sich der Kindergarten befindet wie ein Sack Flöhe benehmen, die man ständig wieder einfangen muss 😀

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Eines der Babys in meinem Kindergarten

Es ist aber wirklich schön zu sehen, wie viele der Kinder mittlerweile morgens oder auch während des Tages meinen Namen rufend, mit ausgestreckten Armen auf mich zugerannt kommen. So etwas gleicht dann immer das schlechte Benehmen aus: Man kann den Kindern einfach nicht lange böse sein.

Viele Grüße aus dem meist warmen Santo Domingo,

Felicitas

P.S.: Bitte entschuldigt, dass mein erster Eintrag erst so spät kommt, aber in einem so anderen Land zu leben und zu arbeiten, so viele neue Menschen kennenzulernen und eine neue Sprache zu lernen ist einfach so interessant, spannend, aber auch anstrengend, dass ich es einfach nicht geschafft habe zu schreiben. Und manchmal fehlte mir nach der Arbeit auch schlicht die Motivation und Eis oder Pommes waren einfach zu verlockend 😉

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