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25

Sep

Erste Eindrücke aus Chapala

Die Reise beginnt

Früh morgens aufgestanden, letzte Dinge noch eingepackt, Koffer ins Auto und dann ging es gegen kurz nach 6:00 Uhr morgens zum Düsseldorfer Flughafen. Nach dem Check-In kam das wovor ich am meisten Sorge hatte, dem Abschied von meiner Familie. In diesem Moment war ich einfach nur dankbar, dass ich eine ungeheure Lust auf meine Aufgabe in Panama verspürte und ich neben mir im Flugzeug mit Vinzenz nicht nur einen Mitfreiwilligen hatte, sondern auch einen sehr guten Freund hatte. Nach dem Zwischenstop in Amsterdam und der gefühlten Ewigkeit im Flugzeug nach Panama City trennten sich unsere Wege und ich glaube in diesem Moment realisierte ich zum ersten Mal teilweise worauf ich mich eingelassen hatte. Es ist gar kein negativer Gedanke, jedoch war es einer der ein wenig Realismus in meine wahrscheinlich leicht naive Grundhaltung gebracht hatte.

Als ich dann am Zoll stand und meinen Migrationsschein abgeben musste war mir nicht ganz wohl bei der Sache, da ich per dreimonatigem Touristenvisum eingereist bin und mich die Zollbeamte mich danach ein wenig mit Fragen auf Spanisch bombardiert hat. Ich, mit meinen sehr mageren Spanisch-Kenntnissen, habe wahrscheinlich maximal die Hälfte verstanden und in einem Mix aus Englisch und Spanisch versucht zu erklären, dass ich in der Escuela Vocacional de Chapala einen Freiwilligendienst ableiste. Sie stempelte die Seite in meinem Reisepass, überreichte ihn mir und sagte etwas in die Richtung :“Yo conozco la escuela, esta muy famosa. Muy bien!“ („Ich kenne die Schule, sie ist sehr bekannt. Sehr gut!“). Ich war in dem Moment schon ein wenig irritiert, dass eine Zollbeamte mein Arbeitsumfeld in Panama kannte, aber vielleicht werde ich in diesem Jahr lernen was genau diese Schule so bekannt und anscheinend auch anerkannt macht.

Vinzenz und ich am Flughafen in Amsterdam

Vinzenz und ich am Flughafen in Amsterdam

Dann holte ich mein Gepäck, lief durch die letzte Glastür und wurde von Eddi, einem Schüler, sehr freundlich empfangen. Gemeinsam gingen wir zum Auto und ich lernte Padre Elvin kennen, meinen Chef in Chapala und gleichzeitig den Leiter der Schule. Nach einer etwas mehr einstündigen Fahrt erreichten wir das Gelände der Schule. Auf der Fahrt sah ich so viele Dinge, die komplett neu und ungewohnt waren: von einem fürchterlich starkem Tropenschauer, großen und bunten Bussen bis hin zu lauter lateinamerikanischer Musik im Radio war alles dabei. Angekommen in Chapala richtete ich mein Zimmer ein wenig ein und stellte mich den anderen Padres vor. Die Länge des Abends hielt sich für mich jedoch stark in Grenzen und so fiel ich an diesem 16. August ziemlich erschöpft, aber dennoch glücklich und gespannt in mein Bett.


Die Schule und ihr Konzept

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen bekam ich von Aspirante Greivin, der noch kein vollständiges Mitglied der Kommunität der Padres ist und sich in seinem „Probejahr“ befindet, eine Führung über das riesige Schulareal und Erklärungen mancher Abläufe vor Ort.
Die Schule an sich ist für männliche Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren gedacht, die aus sozialkritischen Umfeldern kommen und in ihrer Vergangenheit in Konflikte mit Alkohol, Gewalt und Drogen geraten sind und in Chapala die vermutlich letzte Chance auf einen Einstieg in ein geregeltes Leben nehmen können. Verteilt sind die Schüler in sechs verschiedene Sektionen, die unterschiedlichen Altersgruppen entsprechen. Zwei dieser Sektionen bestehen aus Schülern die als „Semi-Internos“ gelten, d.h. diese Schüler kommen morgens zur Schule und verlassen das Gelände nach der Sporteinheit. Die anderen vier sind Gruppen mit „Internos“, die die ganze Schulwoche in Chapala verbringen und auch hier schlafen. Die Schüler haben zum Großteil einen Tagesablauf der in Schule und Ausbildung unterteilt ist. Je nach Stundenplan haben die Schüler vormittags entweder Schule oder ihre Ausbildung in der jeweiligen Werkstatt und nachmittags das Gegenstück dazu.

Der Blick auf das Schulgebäude. Dahinter kann man zwei Fußballfelder erkennen.

Der Blick auf das Schulgebäude. Dahinter kann man zwei Fußballfelder erkennen.

Insgesamt ist das Angebot an Ausbildungsberufen groß, insgesamt gibt es viele unterschiedliche Werkstätten auf dem Gelände. Es gibt unter anderem eine Autowerkstatt, eine Schweißerei, eine Tischlerei und eine Bäckerei, um nur einige zu benennen. Da ich hier keine zugewiesene Aufgabe bekleiden muss, habe ich mir vorgenommen bis zum Ende des Jahres in den Werkstätten mitzuarbeiten, damit ich die Jungs besser kennenlerne, mein Crash-Kurs Spanisch verbessere und auch etwas für mich selbst lerne. Nach der Nachmittagseinheit gibt es einen kleinen Snack für die Schüler und danach (gegen 17:00 Uhr) steht Sport auf dem Plan. Die meisten Schüler nutzen die Zeit, um Fußball innerhalb ihrer Sektionsgruppen zu spielen. Dafür besitzt jede der Sektionen einen eigenen Fußballplatz, aber manche nutzen die Zeit auch um Basketball oder Rugby zu spielen. Insgesamt verfügt die Schule über sechs Fußballfelder, eine überdachte Sporthalle, einen Multifunkstionsplatz und ein Schwimmbecken, welches jedoch wegen der anhaltenden Wasserprobleme momentan nicht befüllt ist. Gegen 18:30 Uhr gibt es Abendessen und dann arbeiten die Jugendlichen an ihren Hausaufgaben. Zwischen 20:00 Uhr und 21:00 Uhr („Recreo“) dürfen sich die Jungen entspannen und haben die Möglichkeit in verschiedenen Räumlichkeiten Billard oder Tischtennis zu spielen, Fern zu sehen, oder einfach nur sich zu unterhalten. Der Großteil der Jungs fährt am Freitagnachmittag nach Hause und kehrt zwei Tage später wieder zurück. Für Einige ist der Weg nach Hause zu weit und einige andere müssen als Bestrafung für Fehlverhalten Teile des Wochenendes oder das ganze Wochenende auf dem Gelände bleiben.

EVC Schild

Meine ersten 30 Tage- Erfahrungen, Eindrücke, Erlebnisse

Da war ich nun also, mitten in Panama und mit sehr mageren Spanischkentnissen. Es war ein sehr befremdlicher Moment für mich, da nach der Führung auf dem Schulgelände mir niemand gesagt hatte was ich tun soll. Etwas verwirrt und angestrengt von dem Klima machte ich mich also an meinem ersten Nachmittag auf die Suche nach einer Beschäftigung. Nach einiger Zeit landete ich in der Bäckerei der Schule und half Eric, einem Lehrling, beim Säubern von Blechen und Geräten. Wir unterhielten uns ein wenig, so wirklich wie wir uns verständigten verstehe ich rückblickend nicht so ganz. Jedoch sagte er mir zum Schluss, ich solle die Tage wiederkommen, sein Chef stimmte zu und so ging ich mit einem zufriedenen Gefühl und einer großen Menge an Dankbarkeit zum Fußball spielen. Zu Anfangs hatte ich ein paar Schwierigkeiten mit dem Klima und so kämpfte ich auf dem Rasen weniger gegen den Gegner und mehr gegen die Wärme und Luftfeuchtigkeit. Dies Problem verschwand jedoch im Laufe der ersten Tage und es ist sowohl für die Schüler, als auch für mich schön nachmittags abzuschalten und gegen den Ball zu treten.
Am ersten Abend habe ich Padre Allan und Greivin zur „Recreo“, der Freizeitstunde der Jungs am Abend, begleitet. Die Padres arbeiten in verschiedenen Bereichen der Schule mit, manche in Administrativen und Organisatorischen Abteilung, andere wiederum als Erzieher. An diesem Abend war ich dann schon ein wenig überrascht, wie offen die Jugendlichen auf mich zugekommen sind und versucht haben sich mit mir zu unterhalten. Des Weiteren hatte ich zu keinem Zeitpunkt in den letzten Wochen das Gefühl, dass die Jungs vor Ort eine problematische Vergangenheit gehabt haben sollen. Ich wurde immer außergewöhnlich freundlich begrüßt und immer in Aktivitäten eingebunden.

Die nächste Zeit arbeitete ich dann in der Bäckerei der Schule mit und mit der Zeit bereitete mir die Aufgabe immer mehr Freude. In der Bäckerei werden alle Brote für die Mahlzeiten gebacken und dort wird auch der täglich wechselnde Nachmittagssnack hergestellt. Dieser variiert zwischen vielen süßen und salzigen Gebäcken, unter anderem haben wir Kekse, Donuts oder Empanadas gemacht. In meinen circa drei Wochen in der Bäckerei habe ich viele Tätigkeiten übernehmen dürfen, aber besonders wichtig für mich war es, mit einigen Jugendlichen in Kontakt zu treten und mich an die groben Abläufe gewöhnen zu dürfen.

Mit Jorge und Juan Pablo habe ich an einem Nachmittag Empanadas für den "Nachmittagssnack" gemacht.

Mit Jorge und Juan Pablo habe ich an einem Nachmittag Empanadas für den „Nachmittagssnack“ gemacht.

Zudem habe ich vormittags zwei Stunden Spanischunterricht bei Iris, der Ehefrau eines Erziehers der Schule. Anfangs dachte ich, sie könnte Englisch sprechen, jedoch merkte ich nach kurzer Zeit das dies nicht der Fall war. Bei Vokabelfragen gibt es eine visuelle Erklärung und im Notfall hat Iris ein kleines Wörterbuch. In den meisten Stunden haben wir aus den Grundschulbüchern ihrer kleinen Tochter gelesen, erstaunlicherweise machte ich schnell Fortschritte. Nach und nach lernte ich die Zeitformen und obwohl ich zu Beginn etwas skeptisch war, muss ich betonen, dass der Kurs sehr hilfreich für mich ist.

Nach drei Wochen habe ich mich entschlossen, etwas Neues auszuprobieren und habe mich bei der Werkstatt der Albanileria vorgestellt. Die Albaniles haben an der Schule einen sehr facettenreichen Aufgabenbereich. Dieser umfasst alle Reperatur- und Bautätigkeiten. Nachdem ich gezeigt habe, dass ich auch „anpacken“ kann, wich die anfängliche Skepsis mir gegenüber. Die Jungs haben es mir aber auch ziemlich einfach gemacht mich bei ihnen zu integrieren. Die meiste Zeit verbrachte ich jedoch nicht in der Werkstatt der Albanileria, sondern den Großteil der Zeit arbeiteten wir an der Farm der Schule, welche fünf Minuten mit dem Auto von dem Schulgelände entfernt ist. An der Farm werden durch vergangene Spendengelder aus Deutschland ein Haus gebaut, um die pädagogischen Möglichkeiten der Schule zu erweitern. Hauptsächlich haben wir in der vergangenen Woche an der Aushebung des Fundamentes gearbeitet. Bei den tropischen Temperaturen vor Ort ist und der Anstrengung ist das teilweise schon ziemlich hart. Andererseits ist es auch super lustig mit den Jungs zu arbeiten, weil viele Scherze gemacht werden und einfach eine angenehme Atmosphäre herrscht. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich meine Arbeit mit den Albaniles in den nächsten Wochen weiter so positiv verlaufen wird…

Die letzten fast fünf Wochen waren eine sehr intensive Zeit und meine Schilderungen sind durchweg positiv. Ich bin mir jedoch auch bewusst, dass auch nicht alles Gold ist was glänzt und ich für einige wahrscheinlich immer noch nur „el aleman“ bin, aber ich bin enorm glücklich mit meinem Start hier in Panama und hoffe es läuft weiter so gut.

Danke, dass Sie sich Zeit für meinen Text genommen haben!

¡Saludos de Panamá!

Christopher 🙂

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