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14

Jan

Die ersten Monate in Tansania

Hallo zusammen,
Verspätet wünsche ich Euch und Ihnen ein frohes neues Jahr 2018!
Ich habe mich dazu entschieden auch diesen Blog zu nutzen, um meinen ersten Quartalsbericht zu veröffentlichen, damit auch andere Interessierte, die nicht zu meiner Familie und meinem Freundeskreis gehören, ihn lesen können.
Viel Spaß beim Lesen und ich hoffe so einen guten Eindruck von meinen bisherigen Erlebnissen zeigen zu können.

Liebe Grüße aus Tansania, Melina

 

Seit etwas mehr als drei Monaten lebe ich nun in Makambako, einer Kleinstadt in Tansania, welche eher im südlichen Teil des Landes zwischen den drei größeren Städten Mbeya, Iringa und Njombe lokalisiert ist.
Makambako hat ca. 50000 Einwohner, die meist in eigenen kleinen Steinhäusern mit ihren Familien oder in einer „Wohngemeinschaft“ in einer 2-3-Zimmer Wohnung leben. Sie verfügen weder über eine richtige Toilette, eine Dusche, eine Waschmaschine oder sonstige nützliche Dinge, wie wir sie in Deutschland gewohnt sind. Diese Dinge erleichtern einem den Alltag erheblich, was ich jetzt schon wirklich sehr zu schätzen weiß.
Allgemein kann man also sagen, dass hier ein recht niedriger Lebensstandard herrscht, welcher den Menschen jedoch nichts ausmacht, da sie es nicht anders kennen. Aufgrund der guten Lage Makambakos als Handelszentrum zwischen den größeren Städten, kann der Lebensstandard in den nächsten Jahren hoffentlich etwas weiter entwickelt werden.
Makambako unterscheidet sich außerdem auch vom Aussehen her sehr von meiner deutschen Heimatstadt Essen. Außer der Hauptstraße Makambakos ist keine einzige Straße asphaltiert, sodass der Boden meist sehr sandig, staubig und braunrötlich ist. Die Stadt ist aufgrund der Hitze in der Trockenzeit weniger grün, was sich allerdings laut Erzählungen in der Regenzeit sehr verändern wird, sodass ich gespannt darauf warte, wie die Stadt sich verwandeln wird.
In Makambako gibt es einen großen Markt, der wie ein kleines Einkaufszentrum aufgebaut ist. Man findet dort einen sehr großen Bereich, in dem die Leute frisches Obst, Gemüse, Gebäck, Fisch, etc. verkaufen. Das Handeln gehört an diesem Ort zum Alltag der Verkäufer und Käufer. Des Weiteren findet man einige Technik-, Handwerker-, „Drogerie-“ und Stoffläden, sowie viele Restaurants, in denen es lokale Gerichte und frische Säfte gibt. Etwas versteckt gibt es einen kleinen „europäischen“ Supermarkt, in dem man zum Beispiel Müsli, Eis oder ähnliches einkaufen kann. Insgesamt finde ich auf dem Markt in Makambako also eigentlich so gut wie alles, was ich brauche.
Eine medizinische Versorgung ist ebenfalls gegeben, jedoch sind die kleinen lokalen Arztpraxen laut Erfahrungen der Vorfreiwilligen und unseren Freunden nicht besonders kompetent beziehungsweise empfehlenswert. Aufgrund dessen habe ich mich, als ich gesundheitliche Probleme hatte, an einen belgischen Freund, der Arzt ist, gewendet, um eine effektivere Behandlung zu bekommen.

Während meines Alltages arbeite ich von Montags bis Mittwochs und Samstags in der Sigrid Primary School (am Anfang habe ich dort von Montags bis Samstags gearbeitet), welche vor einigen Jahren von dem deutschen Ehepaar Wiebringhaus in Zusammenarbeit mit Father Bruno Henjewele, der ein Priester der Diozöse Njombes und unser Ansprechpartner ist, errichtet wurde.
Die Schule ist einerseits eine Tagesschule für ca. 400 Kinder, die jeden Tag mit dem Bus zur Schule und nach Hause gebracht werden. Andererseits stellt sie ein Zuhause für ca. 200 Kinder dar. Sie schlafen im Internat, das sich direkt auf dem Schulgelände befindet. 92 Kinder von diesen Internatskindern sind Waisenkinder, welche glücklicherweise durch die Schulgelder der anderen Kinder mitversorgt werden können.
In der Schule werden die Kinder in großen Klassen (teilweise 70-80 Kinder) von der ersten bis zur siebten Klasse unterrichtet.
Meine Aufgabe bestand bisher darin die erste, zweite und fünfte Klasse in Zusammenarbeit mit den Lehrern Edward und Scola in Englisch zu unterrichten. Ich konnte schon einige Male allein unterrichten oder die zu erledigenden Aufgaben erklären, aber oft besteht meine Aufgabe auch nur darin die vielen Aufgabenhefte oder Examen zu korrigieren. Daraufhin erkläre ich den Kindern was sie falsch gemacht haben. Das Unterrichten und das Beobachten der Lernfortschritte der Kinder bereiten mir viel Freude.
Außerdem bin ich dafür verantwortlich den Waisenkindern regelmäßig Hefte, Stifte, Seife oder andere Dinge, die sie brauchen, zu übergeben und dies zu dokumentieren. Das Überprüfen auf Sauberkeit der Schlafräume, der Essenshalle und der Küche zählt ebenfalls zu meinen Verpflichtungen an der Schule.
Ungefähr alle zwei Monate bin ich einer von drei „Teachers on Duty“, was mich sowohl dazu verpflichtet die Tagesschulkinder früh morgens mit dem Schulbus abzuholen und Nachmittags nach Hause zu bringen, als auch die Essensausgaben zu regeln und die Internatskinder auf den Abendunterricht vorzubereiten.
Auf freiwilliger Basis kann und konnte ich die Internatskinder Mittwochs und Samstags um 5 Uhr morgens zum Joggen animieren, was sich im Dunkeln und auf unebenen Sandwegen teilweise als sehr schwierig herausstellt. Trotz des frühen Aufstehens, was hier sehr üblich ist, bereitet es mir dennoch sehr viel Spaß, da die Kinder während des Joggens viele verschiedene Lieder zur Motivation singen.
Am Nachmittag helfe ich den Kindern oft bei den Hausaufgaben, beim Waschen oder biete ihnen ein wenig Abwechslung vom Schulalltag durch verschiedene Spiele.
Das Zusammensein mit den Kindern stellt für mich eine große Bereicherung im Alltag dar und ich habe sie schon alle sehr in mein Herz geschlossen. Ihre Ehrlichkeit, Fröhlichkeit und Dankbarkeit für die kleinsten Dinge ist etwas ganz Besonderes.

Seit ca. zwei Wochen arbeite ich nun ebenfalls Donnerstags und Freitags in der Sofia Pre and Kindergarten School, da ich auch gerne ein paar unterschiedliche Erfahrungen mit den jüngeren Kindern (ca. 3-6 Jahre) sammeln möchte.
Die Schule wurde von der ehemaligen Freiwilligen Sofia mit Hilfe von vielen Spendern und Hilfsorganisationen errichtet, um den Kindern eine gute Erziehung und Vorbereitung auf die Aufnahmetests der Primary Schools zu ermöglichen.
Zu dem Alltag in der Vorschule kann ich allerdings noch nicht viel berichten, da ich mich an den ersten Arbeitstagen lediglich darum gekümmert habe den Spielplatz gemeinsam mit dem Schulleiter Kayombo durch bunte Farben etwas zu verschönern. Außerdem habe ich dabei geholfen die Entlassfeier des Kindergartens vorzubereiten, was sehr viel Arbeit war. Wir haben dafür die ganze Schule geputzt, dekoriert und das Essen für mehrere hundert Leute vorbereitet, sodass ich Abends sehr müde ins Bett gefallen bin.

Das Besuchen/Vorbereiten von Entlassfeiern verschiedener Schulen der Diozöse stellt eine von vielen „besonderen“ Tätigkeiten dar, die den Alltag ein wenig abwechslungsreicher machen. Das Anpflanzen von Mais oder das Mithelfen beim Bau einer neuen Schule zählen ebenfalls dazu.

Während meines Freiwilligendienstes wohne ich zusammen mit drei Priestern und drei Hausmädchen in einem Priesterhaus der Diozöse, welches direkt am Grundstück der Sigrid Primary School grenzt und auch nur 10 Gehminuten von der Sofia Pre and Kindergarten School entfernt ist.
Ich habe dort mein eigenes Zimmer mit einem Badezimmer, welches ein Waschbecken und eine richtige Toilette beherbergt. In den Genuss einer richtigen Dusche komme ich leider nur in Njombe, wenn ich meine Mitfreiwillige Amelie oder unsere gemeinsamen „weißen“ Freunde am Wochenende dort besuche.
Da es auch im Gegensatz zu Zuhause keine Waschmaschine gibt, wasche ich meine Kleidung in Eimern per Hand, was ziemlich zeitintensiv und manchmal auch nervenraubend ist.
Des Weiteren gibt es nun seit ca. einem Monat kein fließendes Wasser mehr, was die Bewohner in ganz Makambako dazu drängt das Wasser aus den Brunnen zu verwenden. An manchen Tagen ist der Wasserstand aufgrund der Hitze jedoch so niedrig, dass auch kein Wasser in den Brunnen vorhanden ist.
Trotz der „Umstände“ fühle ich mich sehr wohl und bin froh das „richtige“ afrikanische Leben und dessen Kultur hautnah mitzuerleben, wie einer der Priester zu sagen pflegt.

Natürlich hat die tansanische Kultur nicht nur damit zu tun, sondern auch mit vielen anderen Sitten und Bräuchen.
Ein für mich sehr unverständlicher und schlimmer Brauch ist zum Beispiel die körperliche Bestrafung der Kinder im Unterricht, welche durch das Schlagen mit dem Stock, das Ziehen an den Ohren oder jegliche andere Bestrafungsaktionen erfolgt.
Da dieser Brauch in Deutschland zum Glück schon seit einiger Zeit nicht mehr erlaubt ist, ist es sehr schwierig für mich damit umzugehen. Ich habe schon oft versucht die Lehrer davon zu überzeugen, dass es etwas Schlechtes ist die Kinder so zu bestrafen. Leider stoße ich damit bei den meisten Lehrern auf Unverständnis, sodass ich lernen muss zu akzeptieren, dass es kaum oder nur gering möglich ist diese Situation zu verändern.
Ein weiteres Problem in dieser Situation stellt allerdings auch das Verhalten der Kinder im Unterricht dar. Sie verhalten sich manchmal sehr respektlos, wenn der Lehrer keinen Stock in der Hand hält. Dadurch fällt es mir oft schwer die Kinder dazu zu bringen ruhig zu sein und zuzuhören. Ich hoffe, dass mir in der nächsten Zeit eine Idee kommen wird, wie ich das Verhalten der Kinder besser beeinflussen kann, um besser unterrichten zu können und den Lehrern zu zeigen, dass es auch andere Wege als körperliche Bestrafung gibt.
Es ist ebenfalls eine große Umstellung für mich ein eher entspanntes als stressiges Leben zu führen, da das Ausruhen ein großer Bestandteil der tansanischen Kultur ist. Man muss sich oft selbst beschäftigen, wenn es nichts zu tun gibt. Ich sehe allerdings auch etwas Positives in dieser Umstellung, da ich in Deutschland selten Zeit für mich selbst habe und oft nur „von A nach B renne“.
Die Pünktlichkeit lässt hier allerdings meistens zu wünschen übrig und man muss oft für eine sehr lange Zeit auf jemanden warten. Es gibt im Vergleich zu Zuhause zum Beispiel keinen festen Busfahrplan, sodass die 60km Strecke nach Njombe auch mal zwei Stunden dauern kann. Am Anfang haben mich die Unpünktlichkeit und die Wartezeiten wirklich sehr gestört, aber mittlerweile habe ich mich eigentlich ganz gut daran gewöhnt und versuche das „tansanische Zeitempfinden“ mit Gelassenheit hinzunehmen.
Ich denke in vielen Bereichen des Lebens können wir Europäer uns also auch eine Scheibe von den Tansanern abschneiden.
Alle Menschen, die ich hier bis jetzt kennen gelernt habe, sind äußerst herzlich und hilfsbereit. Wenn ein Freund oder Verwandter ein Problem hat, sind alle sofort zur Stelle und teilen das, was sie besitzen.
Ich habe zum Beispiel in den letzten Wochen zwei Beerdigungen besucht und eine andere Art und Weise beobachten können, wie ich sie von Zuhause nicht kenne.
Beerdigungen sind hier eher sowas wie ein soziales Event, es kommen mehrere hundert Leute an mehreren Tagen in Folge, um den Angehörigen beizustehen. Außerdem spenden sie Essen und Geld, damit für alle Besucher gesorgt werden kann. Aus meiner Sicht ist das ein Zeichen von Zusammenhalt und Fürsorge, was mir wiederum sehr gut gefällt.
Das Problem des Teilens ist, dass die Leute kaum Ersparnisse anlegen können, da ihre Verwand- und Bekanntschaften oft sehr weitläufig sind. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass sie auch mit weniger Geld oft viel glücklicher als die reichen Menschen sind. Die Gewissheit, dass die Gemeinschaft einem helfen wird, wenn man in Not ist, ist meiner Meinung nach etwas sehr viel Wertvolleres als jeglicher Reichtum.
Ich habe dadurch jetzt schon gelernt, dass wir in Deutschland manchmal zu fokussiert auf den Reichtum sind, anstatt zu teilen und Dinge zu tun, die uns wirklich glücklich machen.
Die Freundlich- und Fröhlichkeit der Tansaner bekommt man jeden Tag zu spüren, da einen alle höflich grüßen und nach dem Wohlbefinden, der Familie, etc. fragen. Sogar mit den Verkäufern auf dem Markt unterhält man sich erst einmal kurz, bevor man anfängt über den Preis des Produkts zu diskutieren. Als hellhäutige Person bekommt man nämlich meistens einen „Mzungu-Preis“ (schon fast unverschämte Preise für „Weiße“ im Allgemeinen) gesagt, da die Tansaner mit heller Haut den Reichtum assoziieren, was ich als ziemlich dreist empfinde.
Mittlerweile merke ich jedoch, dass es mir leichter fällt auf dem Markt mit den Verkäufern zu verhandeln oder kurze Unterhaltungen zu führen. Ansonsten reichen meine Swahili-Kenntnisse leider noch nicht aus, um intensivere Gespräche zu führen. Dies stellt aber meistens kein Problem dar, weil so gut wie alle Lehrer in der Schule, sowie die Priester, über gute Englischkenntnisse verfügen.
Wenn ich einmal ein ernsthaftes Problem habe, was ich mit keinem Lehrer besprechen kann, dann kann ich mich immer an Father Bruno wenden. Er interessiert sich sehr dafür wie es Amelie und mir geht, hilft uns beim Entwickeln von Ideen oder berät uns, wenn wir mal nicht wissen, wie wir mit einer Situation umgehen sollen. Durch seinen langjährigen Aufenthalt in den USA versteht er unsere Ansichten oft besser als andere Tansaner.
Mit der Hilfe von Father Bruno, Shedrack (Schulleiter der Sigrid Primary School) und dem Ehepaar Wiebringhaus werde ich versuchen eine Partnerschaft mit einer deutschen Schule herzustellen. Ich würde es den Kindern der sechsten und siebten Klasse gern ermöglichen per Post Kontakt zu gleichaltrigen deutschen Kindern zu haben. Daraus würde ich mir erhoffen, dass die Kinder beider Nationalitäten ein paar Eindrücke von einer anderen Art und Weise zu leben bekommen. Außerdem würde der Briefkontakt sehr wahrscheinlich die Englischkenntnisse der tansanischen Kinder verbessern, was ich als sehr hilfreich für ihre Zukunft ansehe.

Während der einmonatigen Ferien im Dezember werden Amelie und ich Besuch bekommen, auf den ich mich schon sehr freue. Wir werden mit unseren Besuchern Iringa, den Ruaha-Nationalpark und Sansibar besuchen.
Hoffentlich werden wir eine gute Zeit haben, worin ich mir eigentlich ziemlich sicher bin, da Amelie und ich im September während der Schulferien schon eine tolle Zeit hatten, als wir einige tansanische Städte und ihre Umgebung erkundet haben.
Wir haben in dieser Zeit lange Busfahrten zurückgelegt, wunderbare Menschen kennengelernt und atemberaubende Landschaften gesehen. Unsere Reise hat uns außerdem auch gelehrt, dass das Land sicherer ist, als man vielleicht erwarten würde.

Ein weiteres Highlight der letzten drei Monate war das gemeinsame Kochen mit den 6-Klässlern und einem Lehrer. Wir haben typisch tansanisches Essen gekocht: Mandazi (frittierte „Teigbällchen“), Kachumbali (eine Art Tomatensalat), Ugali (fester Maismehl-Brei) und kleine Fische, welche in Ei gebraten wurden. Die Freude und Dankbarkeit der Kinder über das Essen war riesengroß und ich hoffe, dass ich nach den langen Schulferien erneut eine solche „Kochaktion“ starten kann.

Letzte Woche haben Amelie und ich bei dem Bau einer neuen Schule der Diozöse geholfen. Wir haben von früh morgens bis zum späten Nachmittag gemeinsam mit den Lehrern der Sigrid Primary School und einigen Internatskindern die Böden der Klassenräume durch harte Arbeit errichtet. Aufgrund der prallen Mittagssonne, welche man leider schnell unterschätzt, hatten wir nach diesem Tag beide einen dicken Sonnenbrand und waren außerdem todmüde von der anstrengenden körperlichen Arbeit.
Es war dennoch eine tolle Erfahrung eine neue Schule mit aufzubauen, die ich vorher noch nicht gemacht habe.

Ich habe in den ersten Monaten schon so viel Schönes erlebt und eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht, sodass ich mich schon sehr auf die kommende Zeit in Tansania freue.
Es ist für mich nicht immer einfach hier zu sein, da man schon auf Vieles verzichten muss. Ich denke jedoch, dass es normal ist auch mal einen schlechten Tag zu haben und ich versuche mich davon nicht unterkriegen zu lassen.
Insgesamt bin ich einfach nur dankbar und sehr glücklich darüber, dass ich die Chance auf einen Seitenwechsel bekommen habe.
Diese Erfahrung, in einem Land mit komplett anderen Standards zu leben, ist sehr viel wert und ich werde sicherlich viel über mich selbst und die Welt lernen.

Das war’s erst einmal von mir, bis bald!
Melina

 

 

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