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Mrz

Neue Erlebnisse in Tansania

Nun ist schon mehr als die Hälfte meines einjährigen Weltwärts-Freiwilligendienstes vorbei und ich habe dabei irgendwie ein sehr unrealistisches und komisches Gefühl, denn es kommt mir so vor, als wäre ich erst vor nicht allzu langer Zeit hier in Tansania angekommen. Natürlich ist dieses Gefühl ein wenig absurd, da ich mich in vielerlei Hinsicht durch Anpassung und Erlebnisse viel besser hier eingelebt habe. Dinge, die für mich noch vor ein paar Monaten eher gewöhnungsbedürftig waren, wie z.B. keine Dusche oder dauerhaft fließendes Wasser zu haben, sind nun vollkommen selbstverständlich. Allerdings habe ich mich nicht nur an fehlende „materielle“ Dinge sehr gewöhnt, sondern mich ebenfalls ein wenig an die einfache Lebensweise der Tansanier angepasst, welche mich vorher teilweise gestört hat. Die Gelassen- und Unkompliziertheit ermöglicht einem ein sehr viel stressfreieres Leben und ich habe mir vorgenommen, dass ich versuchen werde diese Eigenschaft noch mehr aufzunehmen, um mir (sowohl in Deutschland, als auch hier in Tansania) mehr Zeit für mich selbst zu nehmen, was ich unbewusst häufig vergesse.
Meine Situation hat sich in Hinblick auf die Arbeit ebenfalls verändert, denn ich arbeite ab jetzt nun endlich „richtig“ in der Sofia Pre and Kindergarten School, was in den letzten Monaten aufgrund der großen Ferien im Dezember/Januar, dem Zwischenseminar und einigen anderen Gründen, wie zum Beispiel Veranstaltungen oder Krankheit meinerseits, nicht möglich war. Ich freue mich daher sehr auf meinen veränderten Alltag und die abwechslungsreichen, neuen Erfahrungen, die im Kindergarten/ in der Vorschule auf mich zukommen.
Wie schon erwähnt, haben im Dezember und Anfang Januar die großen Ferien stattgefunden, in denen Amelie und ich Besuch bekommen haben und die restliche Zeit um Weihnachten und Neujahr herum genutzt haben, um viele schöne Gegenden Tansanias zu erkunden. Für mich war es wirklich schön meinen Freund als ein „vertrautes Gesicht aus der Heimat“ zu Besuch zu haben und ihm das Land, in dem ich für ein Jahr lebe, ein wenig bekannt zu machen. Die Priester, Kinder und Lehrer hier in Makambako haben sich ebenfalls sehr über seinen Besuch
gefreut, da sie ihre Heimat, meiner Erfahrung nach zu urteilen, gerne stolz vorstellen und Gäste grundsätzlich herzlich und fröhlich empfangen. Nachdem wir eine kurze Zeit in meiner tansanischen Heimatstadt verbracht haben, ging es für uns gemeinsam mit Amelie und ihren Cousinen nach Iringa in den Ruaha Nationalpark, wozu ich schon zu einem meiner Highlights in den letzten drei Monaten komme. Die wunderschöne Natur inklusive der wilden Tiere war einfach nur atemberaubend und ich werde diese unglaublichen Momente, wie eine Elefantenherde, ein Löwenrudel oder einen Leoparden nur wenige Meter von mir entfernt zu sehen, niemals vergessen!

   

Als wir dieses Erlebnis hinter uns gelassen hatten, ging es für uns nach Sansibar. Ein kleines Paradies von wunderschönen Sandstränden soweit das Auge reicht, Flora und Fauna. Allerdings kam mir Sansibar vor wie ein komplett anderes Land, da es sehr vom Tourismus geprägt ist und ich mich durch den Luxus so gefühlt habe, als wäre ich meilenweit von Tansania entfernt. Für mich also eine extrem konträre, aber dennoch wunderschöne Seite zu der Situation in der Gegend, in der ich lebe. Die Zeit verging wie im Flug und die ersten Tage nach der
Abreise meines Freundes waren für mich ziemlich schwierig, da der erneute Abschied mir nicht leicht fiel. Glücklicherweise hatten Amelie und ich noch eine Reise zu einigen Orten an der nordöstlichen Küste Tansanias geplant, sodass ich recht schnell von dem Abschied abgelenkt wurde. Für uns ging es in die Städte Bagamoyo, die ehemalige Hauptstadt Deutsch-Ostafrikas, und Tanga, ebenfalls eine Stadt mit historischem Hintergrund. Für uns war es sehr interessant zu erfahren, was unsere Heimat mit Tansania zu tun hat und wie sich durch geschichtliche Hintergründe manche Verhaltensweisen gegenüber „Weißen“ entwickelt haben. Außerdem fuhren wir noch in die ‚West Usambara Mountains‘, welche in gewisser Weise den Schweizer Alpen ähneln. Dort machten wir eine anstrengende, aber wunderbare viertägige Wanderung zu verschiedenen Aussichtspunkten und erlebten eine wunderschöne und atemberaubende Seite Tansanias, die wir uns zuvor niemals hätten vorstellen können.

  

Aufgrund unserer Reise habe ich die Adventszeit in meiner tansanischen Heimat leider komplett verpasst, aber über Weihnachten ging es dann zurück nach Njombe, da Amelie und ich Weihnachten gemeinsam mit Susemarie (eine 90-Jährige Deutsche, die vor 55 Jahren nach Tansania gekommen ist) verbrachten. Am 23.12. schmückten wir den Weihnachtsbaum in Susemaries Haus, den wir glücklicherweise bekamen. Denn normalerweise ist dieser Brauch, sich einen Weihnachtsbaum ins Haus zu stellen, in Tansania nicht üblich. Um 7 Uhr morgens am Heiligabend saßen wir dann in der Messe, was sich für mich sehr merkwürdig angefühlt hat, da ich es gewohnt bin Nachmittags oder Abends in die Kirche zu gehen. Überraschenderweise standen in der Kirche zwei große (in meinen Augen kitschig) geschmückte Tannenbäume, welche gut zu der festlichen Kultur Tansanias gepasst haben. Trotz des frühen Aufstehens war die Messe wirklich schön, da die Tansanier sehr lebendig gesungen und getanzt haben. Im Vergleich zu daheim gab es am Abend leider kein ausführliches und besonderes Weihnachtsessen, sondern genau das Gleiche wie immer, abgesehen von einem weihnachtlichen Nachtisch, den Amelie und ich am Mittag bei sehr warmen Außentemperaturen vorbereiteten. Nach dem Essen gab es eine kleine Bescherung mit unter anderem Geschenken für die Hausmädchen, welche sich sehr gefreut haben. Daraufhin sangen Amelie und ich noch gemeinsam mit Susemarie deutsche Weihnachtslieder und unterhielten uns mit ihr, was ich sehr schön fand. Das darauffolgende Telefonat mit meiner Familie gab mir ein wenig das Gefühl aus der Ferne Zuhause mit dabei zu sein, aber ich war trotzdem ziemlich traurig nicht wirklich bei meiner Familie zu sein, sodass ich zum ersten Mal hier in Tansania wirklich Heimweh verspürte. Am ersten Weihnachtstag war ich dann gemeinsam mit Amelie in Makambako und habe Süßigkeiten an die Kinder der sechsten Klasse verschenkt, die in den Ferien in der Schule bleiben mussten, um sich auf die Examen der 7. Klasse vorzubereiten. Ich war sehr entsetzt darüber, dass sie an Weihnachten nicht zuhause sein konnten und war deswegen froh, dass ich ihnen eine kleine Freude machen konnte. Für die Tansanier ist es aber anscheinend gar nicht so schlimm nicht zuhause zu feiern, weil sie Weihnachten nicht unbedingt als ein Familienfest ansehen. Ich glaube dies ist ein Beispiel, an dem man gut erkennen kann, dass es Unterschiede zwischen Kulturen geben kann, die man teilweise nicht versteht, aber je nachdem mehr oder weniger akzeptieren kann. Insgesamt war dieses Weihnachtsfest eine sehr neue Erfahrung für mich und ich habe gemerkt, wie wichtig es für mich ist an diesem Fest bei meiner Familie zu sein. Trotzdem war die kleine Feier mit Amelie, Susemarie und den Hausmädchen sehr schön.
Den Jahreswechsel verbrachten Amelie und ich in Iringa, gemeinsam mit zwei anderen deutschen Weltwärtsfreiwilligen, die wir seit November aus Njombe kennen. Es war ein sehr schöner Abend und ein guter Start in das neue Jahr, den wir gemeinsam mit anderen Freunden
aus Iringa feierten. Von Iringa aus fuhren Amelie und ich dann direkt „im Auftrag“ von Susemarie nach Dar Es Salaam, um Doreen abzuholen. Sie arbeitet für drei Monate an der Josephine’s Secondary School, die ebenfalls eine Schule der Diozöse ist. Wir haben uns alle drei auf Anhieb sehr gut verstanden und irgendwie empfinde ich die Zeit mit den anderen beiden deutschen Mädchen, Amelie und Doreen wie ein kleines Highlight, da wir ein wenig wie eine kleine Familie zusammen gewachsen sind. Somit ist es besonders schade, dass Doreens Zeit in Tansania schon fast vorbei ist, aber ich werde diese gemeinsame Zeit in besonders guter Erinnerung halten.
Ende Januar stand dann noch das Zwischenseminar für Amelie und mich auf dem Plan. Es war eine unglaublich bereichernde Erfahrung, sich mit anderen Freiwilligen über Erlebnisse austauschen und einen Rat bekommen zu können, wenn man zu einer Frage-/Problemstellung jeglicher Art bisher alleine keine Lösung finden konnte. Mir selbst tat es besonders gut einige Tipps zu bekommen, wie ich mich selbst schützen kann, wenn körperliche Gewalt zur Bestrafung an den Kindern ausgeübt wird, was mich von Beginn des Freiwilligendienstes an ziemlich belastet. Meinen Mentor Father Bruno regelmäßiger darauf aufmerksam zu machen, dass die Kinder größtenteils öfter bestraft werden als es erlaubt ist, ist eine gute Möglichkeit mein Gefühl von Verantwortung gegenüber diesem Problem abzugeben und mich daran zu erinnern, dass es für mich allein nicht möglich ist dieses Problem zu lösen. Zusammengefasst hat mir das Zwischenseminar einen guten Raum gegeben, um die Erfahrungen und Erlebnisse des letzten halben Jahres zu reflektieren und ein wenig zu sortieren, was ich in der zweiten Hälfte noch im Projekt, aber auch für mich selbst, erreichen möchte. Es war außerdem eine gute Möglichkeit neue Freundschaften zu schließen.

Rückblickend auf das erste halbe Jahr, verspüre ich ein großes Gefühl von Dankbarkeit für die Chance hierher kommen zu dürfen und so viele neue Erfahrungen zu machen. Ich glaube ich habe schon sehr viel darüber gelernt, wie unterschiedlich das Leben an verschiedenen Orten sein kann und dass ich mich an die gegebenen Umstände gut anpassen kann. Dadurch habe ich eine Wertschätzung für viele Dinge entwickelt, die ich Zuhause habe, wobei es sich dabei nicht unbedingt um materielle Dinge handelt. Für mich ist es in diesem halben Jahr sehr wichtig geworden zu lernen, dass ich manche Dinge nicht ändern kann und einen für mich guten Weg finden muss, mit solchen Situationen umzugehen. Die Erlebnisse dieses halben Jahres sind eine große Bereicherung für mein weiteres Leben und haben außerdem dazu geführt, dass ich meine Studienwahl verändert habe. Zuvor habe ich nämlich mit dem Gedanken gespielt Tiermedizin zu studieren, aber nun interessiere ich mich sehr für Sonderpädagogik. Ich glaube diese Veränderung liegt vor allem an den positiven Erfahrungen, die ich mit den Kindern
während und außerhalb der Schulzeit gemacht habe, für die ich sehr dankbar bin.
Die nächsten drei Monate möchte ich besonders dazu nutzen viele weitere wunderbare Erlebnisse mit den Kindern zu teilen. Das Kochen mit ihnen bereitet ihnen und auch mir sehr viel Spaß. Außerdem würde ich gerne noch ein paar kleinere Aktionen starten, wie zum Beispiel Freundschaftsbücher und -armbänder selber machen, Basteln oder Ähnliches. Die Klassenräume ein wenig zu verschönern oder ein kleines Sportfest zu veranstalten, wäre denke ich ebenfalls bereichernd für das Schulleben. Des Weiteren werden Amelie und ich versuchen Father Bruno in seinem neuen Projekt, dem Bau einer weiteren Grundschule, zu unterstützen, so gut wir es schaffen. Ich bin gespannt auf die kommende Zeit und hoffe, dass ich viele schöne Erfahrungen machen werde, die ich genau wie diese des ersten Halbjahres in guter Erinnerung behalten werde.

Liebe Grüße aus dem momentan sehr kühlen Makambako, Melina

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