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23

Aug

Von Fincas und Fußball-Tornetzen

Hallo zusammen!

Lang ist´s her… Eigentlich schon wieder viel zu lange, aber was soll ich sagen? Die Zeit rennt! Eigentlich ist schon wieder so massig viel passiert, über das ich berichten könnte, aber heute soll es um ein etwas gesondertes Thema gehen.

Ich befürchte allerdings, dass ich wohl nicht drum rum komme, zu Beginn doch noch einen kleinen Lagebericht abzugeben. Haken wir das also jetzt mal ganz kurz im Schnelldurchlauf ab:

Für drei Wochen war ich zuletzt nur noch „alleine“ in Chapala (natürlich nicht komplett alleine, ich will damit nur sagen, dass mein Mitfreiwilliger Niklas mittlerweile schon wieder in Deutschland ist). Aktuell bin ich im Englischunterricht, unterstütze die Englischlehrerin und helfe den Schülern bei den Schulaufgaben. Desweiteren besteht mein Alltag natürlich immer noch aus dem Fußballspielen mit den Jungs und den abendlichen Besuchen in den verschiedenen Sektionen. Letztes Wochenende sind bereits meine beiden Nachfolger Felix und Emil angekommen, und ich selbst werde in zwei Wochen schon wieder zurück nach Deutschland fliegen. Ich stecke also gerade quasi mitten im Endspurt.

So, das soll als kurzer Statusbericht an dieser Stelle genügen. Kommen wir nun zum eigentlichen Thema dieses Blogeintrags. Dieser Blogeintrag soll sich um das Thema „Projekte“ drehen.

Ich hatte bereits in einem vorherigen Blogeintrag erwähnt, dass ich an der Realisierung eines Projekts arbeiten würde. Seitdem ist viel Zeit vergangen und inzwischen haben meine Bemühungen auch tatsächlich Früchte getragen.

Doch fangen wir erstmal von vorne an: Worum ging es bei diesem ominösen Projekt überhaupt?

So soll die Finca von Innen aussehen.

Die Schule baut seit einigen Jahren eine Finca (Bauernhof) zu therapeutischen Zwecken. Wie ihr ja wisst, kommt ein Großteil der Jungs aus schwierigen sozialen Verhältnissen und Einige von ihnen haben mit Drogenabhängigkeit oder Aggressionsproblemen zu kämpfen. Mit diesen Problemen werden die Jungs in Chapala natürlich nicht allein gelassen. Um die Jungs bei ihrem Lebenswandel zu unterstützen, gibt es die Terápia (Therapie). In den Therapiestunden werden sie von den schuleigenen Therapeuten begleitet und unterstützt. Es wird versucht die Jungs auf spielerische Weise auf ihre Probleme aufmerksam zu machen und an ihnen zu Arbeiten.

Momentan arbeiten die Therapeuten noch in Räumen direkt auf dem Schulgelände, aber eigentlich bräuchten sie mehr Platz. Deswegen soll das Therapeutenteam nach Fertigstellung in die Finca umziehen. Zum Einen haben sie dort dann mehr als genug Platz für die Therapiestunden und den therapeutischen Tag am Donnerstag, zum Anderen sollen die Jungs durch die Arbeit auf der Finca ein besseres Verantwortungs- und Umweltbewusstsein entwickeln. Außerdem soll auf der Finca ebenfalls Obst und Gemüse angebaut werden. Kühe und Fische werden dort bereits gehalten. Die Schule soll durch diese eigens angebauten Produkte autonomer werden und weniger darauf angewiesen sein, ihre Lebensmittel teuer einzukaufen.

So weit die Idee. Die Umsetzung stellte sich in der Vergangenheit jedoch als schwieriger heraus als gedacht.

Die Finca in einer frühen Bauphase.

Der Bau zieht sich jetzt schon über vier Jahre, und das Gebäude ist immer noch nicht fertiggestellt. Von Stuttgart 21 oder dem BER wissen wir alle glauben ich nur zu gut, dass es nicht gerade ein gutes Zeichen ist, wenn sich ein Bauprojekt über einen zu langen Zeitraum zieht. Bei der Finca lag dies vor allem daran, dass die Schule in der Vergangenheit versuchte dieses Bauvorhaben komplett alleine zu stemmen. Im Klartext bedeutete dies, dass die Finca durch die einzelnen Werkstätten gebaut werden sollte. Die Ebanistería sollte sich um die Türen und das Parkett kümmern, die Soldadura sollte das Grundgerüst zusammenschweißen und so weiter.

Was sich in der Theorie wie eine clevere und kostengünstige Bauidee anhört, bringt in der Praxis das Problem mit sich, dass die Schule voll auf den Wissensstand ihrer Schüler angewiesen ist. Natürlich kann Niemand, der seit einer Woche weiß, wie man schweißt, sofort ein ganzes Gerüst zusammen schweißen. Sobald die Schüler genug Wissen erlangt hatten, um an der Finca arbeiten zu können, blieben jedoch nur noch wenige Monate bis zu ihrer Practica (vor ihrem Abschluss müssen die Jungs nach ihrer Ausbildung noch für drei Monate in einem externen Betrieb arbeiten) und ihrer Graduación. Dieser Umstand sorgte dafür, dass das Projekt sehr oft still stand und nicht weiter an der Finca gearbeitet werden konnte.

Ramón hatte deswegen die Idee, mit Spendengeldern Personal zu engagieren, um die Finca fertigzustellen, und so dem Stillstand auf der Baustelle ein Herr zu werden. Niklas und mir erschien das als eine gute Idee, da die Schule aus eigenen Mitteln nicht das nötige Geld aufbringen konnte, und die Baustelle ohne engagierte Bauarbeiter in den nächsten Jahren nicht fertiggestellt werden würde.

Doch auch diese Idee brachte ein Problem mit sich. Denn woher sollten wir das Geld auftreiben? Das Bistum verfügt zwar über ein Spendenkonto für den Freiwilligendienst, aber das ist eigentlich nur für kostengünstigere Projekte gedacht, und hätte mit dem vorhandenen Geld das Projekt auf keinen Fall stemmen können.

Aus diesem Grund setzte ich mich mit Eva in Kontakt, und diese erzählte mir, dass die Möglichkeit bestünde, einen Antrag an Adveniat zustellen, da Adveniat alle zwei Jahre einen Entwicklungshilfe-Fond ausschreiben würde. In den folgenden Wochen kümmerte ich mich mit Ramón, um die Beschaffung verschiedener Dokumente, die wir für den Antrag benötigten, und fertigte eine Übersetzung der spanischen Projektbeschreibung ins Deutsche an. Ende Mai reichten wir dann schließlich den Antrag ein. Daraufhin hieß es erstmal für anderthalb lange Monate: Warten!

Die Bauarbeiter bei der Arbeit an der Finca.

Vor allem die Tatsache, dass es gut sein konnte, dass wir den Zuschlag nicht bekämen, machte das Warten zu einer kleinen Zerreißprobe. Mitte Juli erhielten wir dann zum Glück endlich die Antwort, dass wir den Zuschlag erhalten haben. Mittlerweile arbeiten seit fast einem Monat durchgängig Arbeitskräfte an der Finca, und das Bauvorhaben macht stetig Fortschritte. Zu meinem Bedauern wird die Finca, trotz der schnellen Baufortschritte, voraussichtlich erst Anfang November diesen Jahres fertiggestellt werden. Für mich bedeutet da leider, dass ich nicht mehr vor Ort sein werde, wenn das Projekt nach langer Bauzeit endlich abgeschlossen wird.

Naja! Ein Grund mehr, nochmal wieder zu kommen!

Ein Vorher/Nachher-Vergleich der Tore.

Neben dem „Finca Projekt“, an dem Niklas und ich vor allem an Papierkram gearbeitet hatten, wollten wir beide aber unbedingt noch ein Projekt umsetzen, bei dem wir auch praktisch mitarbeiten konnten. Da wir beide leidenschaftlich gerne mit den Jungs Fußball spielten, kamen wir auf die Idee, dass wir die Tornetze der Fußballplätze erneuern könnten. Die alte Netze waren nach vielen Fußballpartien bei den unterschiedlichsten Wetterbedingungen schon so kaputt, dass sie praktisch nicht mehr Existent waren. Bei einem Torerfolg bedeutete dies meistens, dass man den Ball anschließend im „Urwald“ suchen musste.

Wir vermaßen die Tore, suchten ein Sportgeschäft heraus, das Tornetze verkauft und kauften neue Netze für fünf Fußballplätze. Diesmal konnten wir die Ausgaben auch über das Spendenkonto vom Bistum regeln, da Tornetze natürlich wesentlich weniger kosten, als die Fertigstellung eines Hauses. Schließlich brachten Niklas und ich gemeinsam die neuen Tornetze an. Die Jungs freuten sich sehr über die neuen Netze und weihten sie natürlich direkt am nächsten Tag mit reichlich Toren ein.

An dieser Stelle muss ich auf jeden Fall ein großes DANKESCHÖN an alle aussprechen, die schon mal irgendeinen noch so kleinen Betrag an das Spendenkonto des Bistums gespendet haben. Dank eurer Unterstützung können wir Freiwillige solche Projekte umsetzen. Auch wenn man es im ersten Moment vielleicht nicht glauben mag, so freuen sich die Kinder und Jugendlichen hier und auch in den anderen Projekten, schon unheimlich über so „einfache“ Dinge, wie zum Beispiel neue Tornetze.

Alles in allem muss ich sagen, dass es schon ein gutes Gefühl ist, zu der Realisierung solcher Projekte einen kleinen Teil beigetragen zu haben. Ich weiß, dass es nicht mein Geld ist, mit dem wir das geschafft haben. Genauso bin ich mir darüber bewusst, dass diese Projekte auf gar keinen Fall mein alleiniger Verdienst sind. Dennoch fühlt es sich einfach gut an, zu sehen, was für Freude man mit nur wenig Aufwand bei anderen Menschen auslösen kann.

In diesem Sinne: Ciao mit V!

euer Hannes

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