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17

Okt

Meine erste Zeit in Lima

 

So ist das halt, die Zeit vergeht oft viel schneller als man denkt und auf einmal ist man schon seit zwei Monaten in Peru. Ich fühle mich hier schon wie zu Hause und hab mich auch auf der Arbeit gut eingelebt. Klar war es zuerst sehr beeindruckend das Gefängnis von San Juan de Lurigancho, das nur wenige Minuten von meiner Unterkunft entfernt liegt, zu betreten, da es einfach unglaublich groß, laut und voll ist – fast 10.000 Männer leben dort in 21 Haftblöcken, den sogenannten Pabellónes, die die Insassen in Eigenregie leiten. Mein Arbeitsplatz, genau wie der von vielen weiteren sozialtätigen Mitarbeitern, ist der Pabellón 14, die Capellania, also die Gefängnispastorei und die dazugehörende Drogentherapie Anda, wo etwa 60 Männer in vier unterschiedlichen Therapiephasen daran arbeiten ihre Abhängigkeit zu überwinden und sich an ein normales Leben zu gewöhnen. Geleitet werden Pastorei und Therapie von pastoralen Mitarbeitern, die von den Colaboradores unterstützt werden. Colaboradores sind Insassen die Therapie selbst durchlaufen haben und sich danach entschieden haben, im Projekt mitzuarbeiten, entweder in der Capellania, dem Centro de Escucha (einem Ort wo Männer, die auf Grund ihrer Drogenabhängigkeit aus ihrem Pabellón verstoßen wurden sich und/oder ihre Sachen waschen und mit den Mitarbeitern reden können), oder der Klinik, wo Insassen mit HIV oder Tuberkulose behandelt werden und zusätzliche Essensrationen bekommen. Das Konzept der Colaboradores finde ich sehr beeindruckend, nicht nur weil sie mich als Neuen viel „an die Hand genommen“ haben, sondern auch weil es einfach so ist, das sie viel für ihre Mitinsassen tun.

Mein Alltag im Gefängnis besteht eigentlich daraus die Arbeit in den Unterschiedlichen Kursen der Pastorei, wie dem Taller de Sanación Emocional, das den Teilnehmern bei der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit hilft, zu unterstützen, im Centro de Escucha mitzuhelfen, mit den Jungs aus der Therapie zu reden, mittag zu essen und Sport zu machen, einmal die Woche Englisch zu Unterrichten oder auch von Zeit zu Zeit in der Krankenstation der Pastorei zu helfen (ich weiß ich bin kein Krankenpfleger aber zumindest Mullbinden schneiden und falten krieg ich so gerade noch hin:D).

Insgesamt kann ich sagen das ich mich sehr wohl fühle, da mich sowohl alle Mitarbeiter, insbesondere die die im selben Haus wohnen wie ich, aber auch die Jungs aus dem Knast, sehr Willkommen geheißen haben. Das einzige was ich immer sehr irritierend finde, ist das mir alle möglichen Leute, sowohl außerhalb als auch innerhalb des Gefägnisses „Gringo“ (ursprünglich für Nordamerikaner, aber gerne auch für alle hellhäutigen Leute benutzt) hinterherrufen, aber ich denke wenn man blonder, blasser und gute 15 centimeter größer als die meisten ist fällt man hier halt auf.

Selbstverständlich lerne ich auch das Peru außerhalb der Gefägnismauern, die Kultur, die große, laute und oft etwas stickige Stadt Lima, den peruanischen Fußball und das Essen kennen. Die peruanische Küche ist kurz zusammengefasst sehr gut, aber zu scharf und sehr exotisch. Die Nationalspeise Ceviche besteht aus rohem Fisch, was mir persönlich aber am besten schmeckt sind Anticuchos, eine Art Grillspieße aus Rinderherz. Der Verkehr in Lima ist katastrophal chaotisch, statt rechts vor links wird einfach gehupt und gefahren, Sicherheitsgurte sind oft nur vorne vorhanden, oder in den beliebten Mototaxis (dreirädrige Taxis die irgendwie eine mischung aus Motorrad und Auto sind) gar nicht. Die Busse sind zu großen Teilen für weit kleinere Leute gebaut, weshalb ich oft nicht aufrecht s

tehen kann und lieber mit der einzigen Bahnlinie fahre.

 

Auf meiner Reise in den Regenwald mit dem Padre Nikolai, bei dem ich hier wohne und der gewissermaßen mein Mentor ist, konnte ich bereits den peruanischen Dschungel in seiner vollen Pracht erleben mit exotischen Pflanzen, wie Bananenpalmen und unglaubliche Tiere sehen, wie unterschiedliche Kaiman-Arten, Brüll- und Kapuzineraffen, Aras, Taranteln und verdammt viele Mücken.

Auch Cuzco, die Hauptstadt des alten Inkareiches habe ich schon besichtigt, wo ich mir neben Kleidung aus Alpakawolle auch einen tierischen Sonnenbrand geholt habe, wenn man also die architektonischen Überreste der Inkakultur besichtigen möchte sollte man die Andensonne nicht unterschätzen.

Da ich im Gefängnis keine Fotos machen kann hab ich leider nur welche von meinen Reisen durch Peru.

Grüße,

Tristan

    Comment (1)

  1. Lieber Tristan, das ist ja ein toller Bericht. Zwischendurch musste ich laut lachen und gleichzeitig ist alles sehr bewegend. Ich finde es ganz toll dass Du diese Arbeit machst und wünsche Dir noch viele gute Begegnungen !!
    Herzlich Deine Birgit

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